Waldschrats Abenteuerküche 12. Leseprobe: Seite 67 - 73 Später am Abend lädt Hein die Fahrräder von Berta und Pia auf seinen Pickup und fährt die drei Frauen nach Hause. Eichenkötter tuckert mit seinem Rostbulli durch den Wald, Suse räumt den Tisch ab und Erwin steht in Gedanken versunken am Backofen und streichelt das warme Gewölbe. Der Mond lugt über die Bäume und in der Schlafkammer macht Suse das Licht an. Erwin poltert die Treppe hoch. Der Mond ist gespannt, welche unterhaltsamen Abenteuer er noch präsentiert bekommt.
Kranzbrot
600gRoggenmehl Type 1150
400g Weizenmehl Type 550
2Hefewürfel
1 TL Zucker
2 EL Salz
1 TL Chili, geschrotet
½ TL Anis, gemahlen
ca. 600ml lauwarmes Wasser
Mehl zum Bestäuben
Das Mehl in einer große Rührschüssel mischen und in der Mitte eine Vertiefung eindrücken. Die Hefe mit dem Zucker in etwas lauwarmem Wasser auflösen und in diese Vertiefung geben.
In der Mitte einen Vorteig anmachen, nach und nach das Wasser zugießen und einen mittelfesten Teig kneten. Den Teig 40 bis 60 Minuten - bis er sein Volumen verdoppelt hat - zugedeckt an einem warmen Orte ruhen lassen. Den Teig in drei gleiche Stücke teilen, rund wirken und ca. 20 Minuten mit einem Tuch abgedeckt ruhen lassen, dann in der Mitte ein Loch durchstechen und zu Kränzen auseinanderziehen. In die Öffnungen ein kleines Keramikgefäß stellen, damit sich diese beim Gehen und Backen nicht wieder schließen können. Die Kränze mit Mehl bestäuben, zugedeckt ruhen lassen und nach weiteren 5 Minuten ringsherum einkerben. Im Ofen mit einer Tasse Wasser ca. 45 Minuten backen.
Deftiges Bauernbrot mit Hefe
1000 g Weizenmehl
1 Würfel Hefe
20 g Salz
500 ml lauwarme Milch
1 TL Zucker
50 g Schmalz
Hefe mit Zucker und etwas lauwarmer Milch anrühren, Mehl und Salz mischen und die aufgelöste Hefe in eine Mulde mittig in der Schüssel gießen und aufgehen lassen, zwischendurch das Schmalz leicht erhitzen und am Rand der Schüssel über das Mehl gießen. Wenn die Hefe aufgegangen ist, mit der restlichen Milch einen Teig kneten und diesen aufgehen lassen. Dann entweder ein großes oder zwei kleine Brote formen und diese auf einem Backblech nochmals 30 Minuten gehen lassen. Die Brote einkerben und mit einem Pinsel mit Wasser an-feuchten. Der Holzbackofen sollte beim Einschießen 270°C haben, 50 bis 60 Minuten backen und die Klopfprobe machen.
Der Brotteig kann je nach Geschmack mit Gewürzen oder Nüssen verfeinert werden.
Am Sonntag regnet es in Strömen. Erwin setzt seinen alten Filzhut auf und versorgt die Hühner. Als er zurück zum Haus geht, sind seine Schultern pitschenass und auch von der Hutkrempe tropft der Regen, er muss sich ein trockenes Hemd anziehen. Er kramt im Kleiderschrank, schiebt die Kleiderbügel von links nach rechts und findet in den dunklen Tiefen der linken Seite sein altes rotkariertes Holzfällerhemd, was er seit mehr als zehn Jahren nicht getragen hat. Stolz trappelt er die Treppe herunter, in der Küche hat Suse schon den Tisch gedeckt. Nach dem Frühstück fährt er Suse ins Dorf, auf dem Rückweg hält er an der Dorfkneipe an.
»Da schau her«, krächzt Hein, »unser alter Holzfäller.«
»Der Hein«, kontert Erwin, »spült schon am Vormittag sein Krächzen runter.«
»Nee, muss meine Knochen ölen von der Bauerei.«
»Ich helfe dir dabei.« Erwin setzt sich und der Wirt, wegen seiner buschigen Augenbrauen Eule genannt, stellt ihm flugs einen Halben hin. Neben Hein sitzt Franz Krötenbach, der leidenschaftlich gern Skat spielt. Erwin zu einer Runde Skat zu überreden fällt nicht schwer, denn der benötigt auch ein wenig Entspannung. Nach drei Halben und etlichen verlorenen Spielen fährt Erwin vergnügt durch den Regen nach Hause. Der Scheibenwischer schrapelt über das Glas und Erwins Gedanken bekommen Flügel. Zuhause fährt er im Wohnzimmer seinen alten PC hoch. Da er daran nicht mehr viel zu tun hat und sein Leben sich hauptsächlich in der Küche und auf dem Grundstück abspielt, meint er, der Lüfter vom PC knarzt wie sein alter Lada. Erwin beginnt zu schreiben, der Alkohol von den drei Halben nimmt Fahrt auf. Erwin vermischt den Bau der Backofenkochhexe, wie er es nun nennt, mit zusätzlich erfundenen Begebenheiten. Es soll ja keine Dokumentation werden, sondern eine unterhaltsame Erinnerung. Er schreibt fast 6 Seiten, leert zwischendurch noch einige Becher Rotwein und geht dann erschöpft aber zufrieden ins Bett. Der Regen prasselt gegen das Dachfenster und der Mond ist diffus durch die Regenwolken zu erkennen.
Die kommenden Tage nutzt Erwin um das Gebälk fertig zu stellen, gemeinsam mit Eichenkötter montiert er die Steher auf beiden Querbalken an den Giebeln und dann den Firstbalken. Danach fertigt er sich für die Binder eine Schablone an und schneidet sie allesamt zu. Am Donnerstag beginnt es wieder zu regnen, Erwin vertreibt sich den Tag mit Schreiben. Er ist in seine Geschichte vertieft, da hört er, wie es an der Haustür klopft, kurz danach, wie sie geschlossen wird. Die Elfe lugt durch die halboffene Tür in das Wohnzimmer.
»Hedwig, was treibt dich bei dem Nieselregen in den Tann, deine Flügel sind ja ganz nass.«
Erwin steht auf und schiebt Hedwig in die Küche, nimmt ein Geschirrtuch und trocknet ihr die Flügel ab.
»Ich wollte dich unterwegs anrufen, dass du mir entgegen kommst, aber der Akku ist alle. Wir fahren jetzt zu Raimund Schabalski, der hat heute Kamerunschafe geschlachtet, und holen uns einen Wochenendbraten.«
Der Schäfer erwartet sie schon, der Regen hat sich gelegt und Schabalski lehnt im Abenddunst am Gartenzaun, zu übersehen ist er nicht bei seiner Größe.
»Tach Erwin, ist zwar noch nicht Herbst, aber der Bock musste weg, der hat schon alle Weiber besprungen, es wird immer lustiger hier, fast nur noch Zwillingsgeburten, das war vor zehn Jahren noch eine Seltenheit.« Er streckt Erwin seine Riesenpranke hin. »Das liegt wahrscheinlich am Klimawandel, und im Sommer wird auch das Grün wieder knapp.«
»Vielleicht hatte er Longcovid«, sagt Erwin trocken und schüttelt Raimunds Pranke.
»Der Rücken und die Keulen sind leider schon weg, die bekommst du wieder im Herbst. Blätter, Rippen und den Hals könnt ihr haben.«
»Ist in Ordnung Raimund, Hedwig zaubert etwas draus. Wir Bauarbeiter sind nicht so wählerisch.«
»Hedwig hat von deiner Abenteuerküche erzählt, ich werde dich demnächst besuchen, hast du Bier da?«
»Immer, und Knoblauchschnaps und Schinken.«
»Ich komme. Im Herbst bringe ich dir auch wieder Schinken, den du für mich räuchern sollst, steht der Räucherschrank noch?«
»Der ist mittlerweile wacklig und undicht, ich werde mir einen neuen mauern, das klappt bis zum Herbst.«
Schabalski winkt zum Abschied, seine Pranke wirkt im Rückspiegel, angeleuchtet von der Abendsonne, wie eine Polizei-Stop-Kelle.
© Christian Koch
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